Episode 05

Ich überschreite die erste Linie

So, jetzt wird es Zeit einige Tabus zu brechen. Muss das sein? Ja, definitiv, das muss sein! Wie schon gesagt, ich will was aus den Pferdekörpern machen. Was könnte einfacher sein als Zentauren. Spacemarineoberkörper mit Nahkampfwaffen her! Oh ja toll, das sind die Plastikmarines der 3ten Edition, bei denen der Oberkörper unten mit einer deutlichen Einwölbung versehen ist, was es einem im Zusammenhang mit dem halbkugelförmigen oberen Ende des Unterleibes ermöglicht die Figuren in verschiedensten Ausrichtungen zu posen. Ich habe aber die Pferdekörper gerade abgesägt.

Daher braucht es wieder mal ein ordentliches Gemisch aus Plastikleber und Gel-Sekundenkleber, der schön spaltüberbrückend (ja, so heißt das) wirkt. Nach etwas Probieren und reichlich Fluchen scheint die Mischung zu passen. Sieht eigentlich schon ganz stimmig aus. Schwierig ist aber, wie quasi bei jedem Zentauren, der Übergang vom Pferdeteil zum Menschenteil. Das ist wirklich etwas, wo immer geschmuht wird (Wo kommt das Wort eigentlich her, nach Google ist es wohl rein umgangssprachlich, aber in welchen Gegenden? Ähm, ja zurück zum Thema!). Es gibt kaum Zentauren, bei denen dieser Übergang sinnvoll und überlegt gestaltet ist. Meistens wird halt irgendwie das Fell zum Oberkörper hin dünner. Haben letztes Jahr (2016) in Belgien eine Plakatwerbung am Hauptbahnhof Brüssel gesehen mit einem weiblichen Zentaur, echt schlechte Photoshop-Arbeit, weil genau das Gleiche versucht wurde. Bei anmutigen und gelungenen Zentaurenfiguren, wie bei denen von Confrontation, ist der Übergang zumeist durch einen Panzergürtel verdeckt. Da ist zwar auch irgendwie gemogelt, sieht aber doch überzeugender aus. Also machen wir was ähnliches. Zum Glück sind die Pferde ja bereits im Ausgangsmodell durch eine Art Kettenrüstung geschützt, eine Art Rock oder Decke (?), nein, es ist eine Schürze, also eine Kettenschürze (ja, so was gibt es, zum Beispiel bei Panzern oder Fleischern, wobei die an den Pferden eher wie die der letzteren aussehen).

Gut, dann packen wir einfach noch etwas mehr Panzerung vorne dran. Also eine einfache Panzerplatte, wie etwa einen Schild! Geht fast nicht einfacher und sieht stimmig aus. Nachdem alles an Klebern getrocknet ist... fällt mir auf, dass die ja auch noch Hörner brauchen, weil sonst sind die wieder Keinhörner. Mann, wie konnte ich das übersehen? Also nochmal; nachdem der Kleber jetzt endgültig getrocknet ist, übergebe ich die Figuren in die Hände meiner kleinen Helferin. Modelle werden wohl für gut befunden (auch wenn mir wieder deutlich klar gemacht wird, dass die ja kleiner sind als der Cybot) und werden in violette Grundierung gehüllt. Weitere Bemalung erfolgt wie gehabt, die Pferdekörper mache ich etwas heller ähnlich wie die Stoffanteile bei den Scouts. Das greift das Ganze nochmal auf und differenziert die Strukturen innerhalb der Miniaturen. Somit haben wir nun drei Zentauren-Space-Marines. Ich plane die Zentauren wie Sprungtruppen einzusetzen, da braucht es aber noch mehr davon um die minimale Truppgröße zu erreichen, muss also noch mehr gemacht werden, wo kriege ich noch mehr passende Pferde her...

 

So und jetzt ist es Zeit für die Einwände, ich kann sie quasi durch den Bildschirm hören: „Frevler, ruft die Inquisition. Metamenschen mit Astartes-Organen, die Primarchen werden sich im Grabe, oder ihren Stasiskammern (oder wo sie halt sonst sind) umdrehen!“. Wenn man doch den Shitstorm quasi voraussehen kann, warum denn dann diese Grenzüberschreitung?

Zunächst einmal ganz proximat, also die „kleine“ Begründung. Die Pferdekörper sind übrig geblieben vom Umbau der Bikes. Wir sind hier große Freunde des ursprünglichen Konzepts der Ökonomie, der sinnvollen und durchdachten Nutzung von Ressourcen. Viel anderes hätte man aus den Körper nicht machen können, und es passt enorm gut zum Thema. In einer fiktiven Gesellschaft, in der Pferde eine zentrale Rolle spielen, so auch auf der Ordenswelt der Pink Ponycorns, müssen Zentaur-Metamenschen als besonders mächtige, wichtige Personen gelten. Man kann ihnen den Zugang zum Orden keinesfalls verwehren, wenn man sich nicht völlig mit der heimischen Mythologie überwerfen will.

Dann gibt es noch ultimate Gründe, also „große“ Begründungen. Wir haben schon an anderen Stellen darauf hingewiesen, dass wir das ganze Hobby schon eine Weile machen und viel Entwicklung miterlebt haben. Man beobachtet dabei Trends, die einem nicht immer gefallen, man siehe etwa hier, über das Verschwinden des White Metal. Drastischer in unseren Augen ist aber das Verschwinden des Humors, was sich in vielen Dingen zeigt. Das Ausrotten der Squats fällt hier her (ätsch, unsere haben klar überlebt und werden noch wachsen), man sieht es aber auch recht krass an den Orks. Klar sehen die neuen Orks viel gefährlicher aus, und düsterer. Aber einiges der alten Modelle hatte doch einfach Charme, der den neuen schmutzig-dunklen fehlt. Waren Orkpiraten und strahlend gelbe Bad Moons echt so doof, dass sie verschwinden mussten (zumindest so gut wie)? Man kann nur jedem der jüngeren Spieler empfehlen sich mal nach den Texten aus Gorka-Morka Zeiten umzusehen, da wird einem klar, wie spaßige Orks aussahen. Man sieht den Trend ja auch bei anderen Genres wie Mangas und Animes. Mann, gab es da albernes Zeug und heute ist ganz viel Düsterkram angesagt (zum Glück gibt es auch da Ausnahmen).

 

Das 40K Universum erlaubt jedem seine eigenen kleinen Geschichten zu spinnen. Die Idee rosafarbener Space Marines mag manchen nicht in seine düstere Sicht der Dinge passen („oh, wir sind so düster“). Wir denken aber, dass man hier einen klaren Kontrapunkt setzen muss. Dazu gehört auch das Überschreiten von Grenzen, und glaubt ja nicht, dass Metamenschen-Space Marines schon das Extremste sind, was kommen wird. Seht selber in Episode 6.

Fortsetzung Bericht Juvenus: „Wie meintet Ihr die Sache mit Eurer Gensaat?“ Eine Art Seufzen entfuhr dem Cybot, bevor er wieder anhob: „Das betrifft mehrere Aspekte; ich werde Euch einiges zeigen müssen, damit Ihr es wirklich verstehen könnt. Wir werden nach draußen gehen, jetzt trainieren die Sturmtruppen im Hof.“ Der Boden begann zu beben, und ich brauchte einige Sekunden, bis ich begriff, dass die gesamte Kammer eine Art Lastenaufzug darstellte, der sich nun nach oben bewegte.

 

„Die Apothecari der Eisenengel hatten bereits festgestellt, dass die Gene der Eingeborenen stabil und kompatibel waren, sonst hätten wir den Orden nicht gründen können. Die Kompatibilität war aber so überraschend ausgeprägt, dass wir weitere Nachforschungen durchführten. Die ursprüngliche Bevölkerung war scheinbar noch vor dem Bruderkrieg hierher gekommen. Daher gab es kaum brauchbare Aufzeichnungen. Die Analyse von Mythen sowie die psychomagischen und biotechnische Untersuchungen deuteten jedoch auf Folgendes hin: Die Siedler mussten durch einen vergleichbaren Warpsturm gegangen sein wie wir. Und hatten daher ähnliche Veränderung erfahren. Aber auch ihre Ausgangsgene mussten schon Züge der Space Marines getragen haben. Eine Spekulation ist, dass diese frühen Siedler einem der Stämme der Technobarbaren entstammen könnten, aus denen der Imperator später die Thunder Warriors erschaffen hatte.

 

So spekulativ dies erscheinen mag, Fakt ist: Fast jeder Knabe, der auf dieser Welt heranwächst, ist geeignet ein Astartes zu werden. Ihre Körper sind bereits unglaublich zäh und ausdauernd, bevor ihnen die Organe der Astartes implantiert werden. Sie nehmen die neuen Organe problemlos an und sind innerhalb weniger Wochen körperlich voll entwickelt, brauchen in dieser Zeit aber enorme Mengen Energie, also Nahrung. Als wir begannen den Orden aufzubauen, waren wir wie die Brüder unsere Mutterordens sehr erstaunt über diese Befunde. Aber es bedeutete, dass wir innerhalb kürzester Zeit eine gewisse Einsatzstärke erreichen konnten. Die Knappheit von Ausrüstung über die Servorüstungen und Bolter hinaus wurde dadurch aber schneller zu einem Problem, als wir zunächst gedacht hatten. Wir entschlossen uns daher einen gewagten Schritt zu machen.“

 

Ich hielt den Atem für einige Augenblicke an. Die Geschichte des alten Kämpfers klang fast schon zu fantastisch. Ein Volksstamm, der auf die Technobarbaren zurückging? Aber warum nicht. Die große Raumdiaspora hatte viele Menschen im dunklen Zeitalter der Technologie durch die Galaxis verstreut. Das erklärte die Aussagen, dass der Orden sehr schnell Mannstärke erreicht hatte und recht konstant bei dieser gehalten werden konnte. Aber wie sollte das erklären, wie sie mit mangelnder Ausrüstung zurecht kamen?

 

„Es gibt eine mehr oder weniger stabile Metamenschenmutation in der Bevölkerung. Sie scheint keine eigene Subpopulation zu erzeugen, sondern tritt immer wieder auf, wohl als Kombination von mehreren rezessiven Genen. Diese Metamenschen haben den Körper von Zentauren. Die Geburt ist äußerst schwierig für die Mutter, aber da die Mutation immer wieder, eben quasi stabil auftritt, haben die Hebammen Erfahrung mit diesem Phänomen, und so überleben Mutter und Kind in den meisten Fällen; zu den Frauen dieser Welt werde ich Euch später noch mehr zeigen. Die Zentauren genießen großes Ansehen in der Bevölkerung; wie Ihr bereits wisst, sind Pferde ein wichtiger Teil von Kultur und Mythologie dieser Welt. Die Zentauren sind besonders kräftig und, anders als viele tierartigen Metamenschen anderer Welten, hoch intelligent. Daher nehmen sie wichtige Führungsrollen in den ursprünglichen Gesellschaften ein. Clans, die eine ganze Truppe von Zentauren ins Feld führen können, dominieren umliegende Clans und gewinnen viele der jährlichen Sportfeste. Die Zentauren sind allesamt gute Kämpfer und können in unglaublichen Tempo rennen und weite Gräben überspringen. Sogar über mich können sie hinwegsetzen.“

 

Ich schaute ihn an. Ein Cybot ist ein Berg aus Stahl. „Ich habe bei den Rough Riders der imperialen Armee gute Pferde gesehen, aber keines könnte über Euch springen!“

 

„Ihr vergesst...“ fuhr der alte Krieger fort „... ich spreche nicht von einem gewöhnlichen Pferd, sondern von einem Zentauren, der wohl einige Gene der Thunder Warriors-Vorgänger trägt! Die Zentauren sind jedenfalls große Krieger, und als wir in der Bevölkerung nach geeigneten Aspiranten für den Orden suchten, kamen bald die ersten jungen Zentauren, die dem Orden beitreten wollten. Die Apothecari waren zunächst skeptisch. Doch die Gene dieser Individuen waren nicht so andersartig, wie man denken sollte, und somit gaben wir dem Ansinnen der Zentauren nach.

 

Wir implantierten den ersten die Astartesorgane. Die Ergebnisse waren fast erschreckend. Die Zentauren nahmen die Organe an. Ihre körperliche Leistungsfähigkeit nahm enorm zu. In voller Servorüstung vollführten sie Sprünge, als trügen sie ein Sprungmodul.“

 

Licht durchflutete den Raum, der Aufzug war am oberen Ende des Schachtes angekommen. Wir standen auf einer Mauer, die einen großen Innenhof umschloss, und dort sah ich sie, Space Marine-Zentauren! Sie übten das Vorrücken im schwierigem Gelände. Kerubiel hatte ihre Fähigkeiten gut beschrieben, sie erinnerten in der Tat an herkömmliche Sprungtruppen, ohne die Notwendigkeit eines Sprungmoduls.

 

„Euch ist klar, dass diese Wesen problemlos als Mutanten oder gar Besessene angesehen werden könnten!“. Die Antwort des Cybot überrascht mich doch etwas: „Das ist nicht die einzige Besonderheit unserer Gensaat. Kommt, ich werde Euch noch mehr zeigen!“ Bericht Pause, wird fortgesetzt.“

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